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Wie weit will ich gehen?

Heutzutage schafft man es kaum, den Ernährungstrends zu entkommen. Ständig werden neue Diäten, Tipps und Empfehlungen als heiliger Gral der Ernährung angepriesen. Inwiefern unterscheiden sich die Paleo- und ketogene Diät, welche Vor- und Nachteile bringen diese Ernährungsformen mit sich und wie alltagstauglich sind sie?

Paleo-Diät:

Jagen, Sammeln, Essen – die Steinzeiternährung

Die Paleo-Diät orientiert sich an der Ernährung der Gattung „Homo“ vor 20.000 bis 2 Millionen Jahren. In dieser Zeit gab es noch keinen Ackerbau oder Viehzucht. Man ernährte sich als Jäger und Sammler von den Pflanzen und Tieren, die es in der Umgebung gab. Es wurden vermutlich viel Gemüse, Fleisch, Fisch, Beeren, Meeresfrüchte, Eier, Obst, Kräuter, Pilze und Nüsse verspeist. Das bedeutet, dass noch keine Milch bzw. Milchprodukte, Getreide und Produkte wie Brot, Hülsenfrüchte, Zucker und alkoholische Getränke verzehrt wurden. Fertiggerichte und allgemein technisch verarbeitete Lebensmittel gab es natürlich auch nicht und werden bei der Paleo-Diät gemieden. Als Getränke werden Wasser und Tee empfohlen. Zum Verzehr wären auch Insekten, Würmer und Larven geeignet, diese sind allerdings in der westlichen Welt selten auf dem Teller zu finden. Im Gegensatz zu einer normalen Low Carb-Diät sind hochglykämische Lebensmittel wie getrocknete Datteln und Feigen erlaubt. Dies sind Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Glukose, die wiederum den Insulinspiegel stark erhöht.

Grundlegend kann man die Paleo-Diät in zwei Gruppen unterteilen. Zum einen nach Eaton, nach dem die Diät hauptsächlich pflanzenbasiert ist, und zum anderen nach Cordain, nach dem die Diät hauptsächlich fleischbasiert ist.

Allgemein stützen sich beide Gruppen auf die Annahme, dass sich das menschliche Erbgut seit der Steinzeit nicht verändert habe. Es sei an das damalige Nahrungsmittelangebot und nicht an die Lebensmittel von heute angepasst.

Evolutionär habe sich der menschliche Körper aufgrund der kurzen Zeit von Beginn des Ackerbaus über Industrialisierung nicht an die heutige Ernährung anpassen können. Daher entspreche diese nicht den Bedürfnissen und führe zu den bekannten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus, Adipositas und dem metabolischen Syndrom. Somit sei die Paleo-Diät auch zur Prävention dieser Erkrankungen, Allergien und zur Leistungssteigerung gedacht. Hauptsächlich gehe es aber um eine möglichst natürliche, saisonale und regionale Ernährungsweise.

Einige Wissenschaftler stehen dieser Annahme kritisch gegenüber. Zum einen war die Lebenserwartung zur damaligen Zeit geringer als heute, zum anderen sei die fehlende Anpassung an die moderne „Zivilisationskost“ nur eine Hypothese und sei nicht belegt.

Möglicherweise sei der Mensch gar nicht zur Adaption an bestimmte Nahrungsmittel in der Lage, oder gerade die fehlende Spezialisierung an eine Ernährungsweise mache ihn so anpassungsfähig für unterschiedliche ökologische Nischen. Außerdem könnte die Ernährung von damals zum Überleben ausreichend gewesen sein, aber nicht unbedingt zur Prävention von Krankheiten geeignet. Weiterhin gab es mehrere verschiedene Spezies der Gattung „Homo“, die in unterschiedlichen Lebensräumen lebten, was zu sehr unterschiedlichen Ernährungsweisen führte. Und es konnten mehrere genetische Anpassungen an heutige Lebensmittel, wie zum Beispiel der Milch, festgestellt werden. Letztlich sind die Lebensmittel, in der Art wie sie früher waren, heute kaum zu finden.

So kann man einen kultivierten Apfel von heute kaum mit einem wild wachsenden Apfel von vor über 20.000 Jahren vergleichen. Trotzdem lässt sich sagen, dass die Paleo-Diät durch die natürliche Ernährung mit Lebensmitteln wie Gemüse, Obst und Fisch einen positiven Effekt haben kann. Meist kommen die allgemeinen Begleiterscheinungen einer Ernährungsumstellung zum Tragen, wie zum Beispiel das Wegfallen von Fast-Food, ungesunden Snacks und appetitanregenden Zusatzstoffen, eine allgemein geringere Kalorienaufnahme, ein gutes Sättigungsgefühl durch einen hohen Gemüseverzehr, ein  bewusstes Essverhalten und das Auseinandersetzen mit der eigenen Ernährung, sowie die Umstellung alter Gewohnheiten.  Allerdings sollte die ausreichende Aufnahme von Nährstoffen, insbesondere Calcium, kontrolliert werden und auf das gesteigerte Risiko von Nierensteinen und Gicht durch einen möglicherweise erhöhten Fleischkonsum, geachtet werden.

Der Beginn der Diät sollte schrittweise erfolgen und erfordert aufgrund der Einschränkung des Nahrungsangebots, eine große Willenskraft.

 

Ketogene Diät: Die Stoffwechsel-Therapie

Die ketogene Diät ist eine Form der Low-Carb-Diät, durch die der Körper seine Energie in Form von Ketonkörpern aus Fett und nicht aus der sonst bevorzugten Glukose gewinnt.

Die sogenannte Ketogenese setzt ein, wenn die Kohlenhydratvorräte aufgebraucht sind bzw. während des Hungerzustands. Hierbei werden von der Leber aus Fettsäuren, die Ketonkörper, gebildet. Die Diät setzt sich daher vermehrt aus Fett und Protein zusammen, wobei der Kohlenhydratanteil sehr gering bleibt. Dazu wird ein Verhältnis von Fett zu Protein und Kohlenhydrat berechnet. Der Kohlenhydratanteil sollte immer niedrig genug sein, um die Ketogenese nicht einzuschränken. Außerdem sollte ebenfalls auf den Proteinanteil geachtet werden, denn im Hungerzustand werden Proteine zu Glukose umgewandelt, die wiederum die Ketogenese stört.

Um ein schädliches Kaloriendefizit und einen gedrosselten Stoffwechsel zu vermeiden, sollte ausreichend Fett aufgenommen werden. Außerdem sollte Wert auf sogenannte MCT-Fette gelegt werden, da diese besser absorbiert, transportiert und aus ihnen mehr Ketonkörper pro Masse-Einheit gebildet werden. MCT-Fette besitzen mittelkettige Fettsäuren und haben gegenüber den natürlich vorkommenden Fetten mit langkettigen Fettsäuren einige Vorteile. Sie bieten die Möglichkeit, einen etwas höheren Kohlenhydratanteil zu gestatten, können allerdings auch zu Magen-Darmbeschwerden führen.

Zu den Grundnahrungsmitteln gehören fetter Fisch, Fleisch, Wurst, Eier und kohlenhydratarme Gemüse wie Zucchini, Gurke und Brokkoli. Gemieden werden kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Obst, Nudeln, Brot, Reis, Kartoffeln und Zucker.

Die Produktion und Verarbeitung von Ketonkörpern muss „trainiert“ werden. Daher eignet sich eine schrittweise Einführung der Diät. Zu Beginn sollte auch der Konsum von Milch und Milchprodukten reduziert werden, da die enthaltene Laktose den Insulinspiegel erhöht.

Gestartet wird mit einem 3-Tages-Plan:

Am ersten Tag wird der Kohlenhydratspeicher geleert, indem kohlenhydratreiche Lebensmittel gestrichen werden und Kraftsport betrieben wird; am zweiten Tag beginnt die Ketonkörperbildung, die durch Ausdauertraining unterstützt wird, und am dritten Tag wird die Ketogenese verstärkt.

Als Therapie bei pharmakoresistenten Epilepsiepatienten im Kindesalter wird diese Diät eingesetzt, um die unkontrollierten Krampfanfälle zu mindern oder sogar ganz zu verhindern, ohne ernährungsinduzierte  gesundheitliche Schäden hervorzurufen. Ursache der Epilepsie ist die Unterzuckerung des Gehirns, die durch Verwendung der Ketonkörper langsamer eintritt und kompensiert werden kann.

So eine radikale Diät bleibt, selbst bei einer ansonsten gesunden Stoffwechsellage, nicht unbedingt ohne Nebenwirkungen. Es kann zu Verdauungsproblemen sowie Müdigkeit, Mundgeruch, Verstopfung, Hunger, Nierensteinen oder -schäden und einem Überangebot an Cholesterin kommen.

Außerdem kann eine erhöhte Fett- und Fleischzufuhr das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern. Daher ist Patienten mit Nierenerkrankung oder Diabetes von dieser Ernährungsweise abzuraten.

Weiterhin kann es durch die ungenügende Aufnahme der kohlenhydratreichen Lebensmittel wie Obst und Gemüse zu einem Mangel an Vitaminen und Ballaststoffen kommen. Aufgrund dieser Risiken sollte eine langfristige ketogene Diät nur unter Beaufsichtigung eines Arztes oder Ernährungsberater/in ausgeführt werden.

Wer abnehmen möchte, kann dies besser auf eine andere Weise gesünder und ausgeglichener erreichen. Außerdem gibt es einen Mangel an Daten hinsichtlich Langzeitstudien, Sicherheit und gesundheitlichen Vorteilen und eine hohe Variabilität der Studienergebnisse, die durch unterschiedliche Methoden und Definitionen zustande kommt.

Positive Beeinflussungen der Diät könnten sich auf die Effekte eines Gewichtsverlustes zurückführen lassen. Und dieser ist bei Low Fat- und Low Carb-Diäten vergleichbar.